Ein Rückblick: Jahrestagung der AG kirchlicher Museen und Schatzkammern

Die Aachener Domschatzkammer richtete die Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft kirchlicher Museen und Schatzkammern aus – Blicke über die Grenzen und Blicke auf die Zukunft
Ein bisschen erinnerte es an ein großes Klassentreffen, als in der vergangenen Woche 47 Leiterinnen und Leiter kirchlicher Museen und Schatzkammern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zur Jahreshauptversammlung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft kirchlicher Museen und Schatzkammern zusammenkamen. Die meisten Teilnehmenden kennen sich seit langem, sehen sich jedoch nur an diesen drei Tagen im Jahr, die neben einem dichten Programm die seltene Möglichkeit zu fachlichem und kollegialem Austausch bieten.
„Studienreise“ nach Belgien und in die Niederlande
Die Tagung findet stets an wechselnden Orten statt. Diesmal wurde sie von der Aachener Domschatzkammer ausgerichtet – sehr zur Freude des alten und neuen Verbandsvorsitzenden Heimo Kaindl vom Diözesanmuseum Graz, der sich diesen Austragungsort lange gewünscht hatte. Für Leiterin Dr. Birgitta Falk und ihr Team gingen dem Treffen monatelange organisatorische Vorbereitungen voraus. Dabei stand von Anfang an fest, dass sich die Tagung nicht nur in Aachen abspielen sollte. „Mir war es wichtig, die Zusammenhänge und Besonderheiten dieser alten Kulturlandschaft zwischen Rhein und Maas vorzustellen und über den Tellerrand der heutigen Staatsgrenzen zu schauen“, erklärt Falk. Und so glich das Programm – nachdem die Formalien und Themen der eigentlichen Jahreshauptversammlung abgearbeitet waren – einer kleinen Studienreise, die die Teilnehmenden neben dem Aachener Domschatz zum Abteischatz nach Burtscheid, zur Servatiuskirche und Liebfrauenkirche nach Maastricht mit ihren jeweiligen Schatzkammern, zum Kloster Simpelveld und zum Teseum Tongeren führte. Dort gab es jeweils Vorträge von regionalen Expertinnen und Experten nebst exklusiven Besichtigungen, die hochspannende Einblicke in die spezifischen Situationen, Besonderheiten und Strategien der kirchlichen Museen vor Ort gaben.
„Viel Output trotz begrenzter Ressourcen“
Für Heimo Kaindl gab es dabei einige Aha-Effekte. „Mir war bewusst, dass die Säkularisierung in den Niederlanden noch weiter fortgeschritten ist als in Deutschland. Deshalb war ich beeindruckt davon, was für einen Output die Kolleginnen und Kollegen trotz begrenzter finanzieller Ressourcen hervorbringen!“ Für ihn zeigte sich Zweierlei: „Wohin wir uns verändern müssen und dass wir am meisten lernen, wenn wir sehen, wie andere es machen.“
Für den langjährige Diözesanmuseumsleiter ist die Arbeit kirchlicher Museen grundsätzlich mit einem pastoralen Auftrag verbunden. „Wir versuchen, grundlegendes Basiswissen zu vermitteln und ein Verständnis für Kirche zu schaffen. Museen sind eine Institution, denen man Wahrheit zutraut und in denen Kirche nicht Kirche im engeren Sinne sein muss, sondern sich anders präsentieren kann – im besten Fall als positiver Quotenfänger. Das gelingt dann, wenn wir es mit unseren Ausstellungen schaffen, Menschen in Staunen zu versetzen und ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass in den Kunstobjekten etwas Höheres steckt als die bloße Materie.“
Bischof war Gastgeber eines gemeinsamen Abschlussessens
Ähnlich drückte es Aachens Bischof Dr. Helmut Dieser aus, der zum Abschluss der Tagung einen Gottesdienst mit den Gästen feierte und bei einem gemeinsamen Abendessen seine Anerkennung für deren Arbeit ausdrückte: „Kirchliche Museen und Schatzkammern sind Orte, denen man glaubt. In ihnen können wir einen Blick auf die Zeugnisse der Geschichte werfen und erkennen, dass Geschichte jenseits der Aufgeregtheit um kirchliche Fehler größer ist. Sie ist ein Auf und Ab – und der Mensch in seinem Glauben ein Suchender. Vor diesem Hintergrund stimmen die kunsthistorischen Objekte oftmals nachdenklich und lösen einen Gedankenprozess aus.“ Mit Blick auf den Verkündigungsauftrag bezeichnete der Bischof seine Gäste schmunzelnd als „nicht die schlechtesten Verbündeten“.
Dass es bei der Jahrestagung ganz stark auch um Austausch, Kommunikation, Vernetzung und Wissensweitergabe geht, zeigte sich in den abschließenden Gesprächsrunden und Diskussionen. Neben informellen „Verhandlungen“ zu möglichen Leihgaben diskutierten die Teilnehmenden lebhaft über ihre Eindrücke. So schwärmte Dr. Holger Kempkens, Direktor des Diözesanmuseums Paderborn, von den Paramenten in Simpelveld und der Schatzkammer (Teseum) in Tongeren. „Sowohl die Objekte als auch die Präsentation und die didaktische Vermittlung haben mich begeistert!“ Dr. Anja Lempges, stellvertretende Direktorin des Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseums Mainz, pflichtete ihm bei. „Es ist sensationell, was sich in dieser kleinen Gemeinde erhalten hat und wie sie sich dieser gewaltigen Aufgabe stellt.“ Insbesondere das Audiosystem, die aufbereiteten Texte und die Besucherführung haben es ihr angetan. „Sehr viel besser kann man es nicht machen!“
Am Ende der Tagung war Dr. Birgitta Falk erschöpft, aber rundum zufrieden. „Es war eine sehr kollegiale und arbeitsorientierte Atmosphäre. Die kirchlichen Museen mit ihren höchst unterschiedlichen Zielen, Konzepten und Strukturen haben uns in der Arbeitsgemeinschaft alle sehr beeindruckt und zu intensiven Diskussionen angeregt. Ich danke den Kolleginnen und Kollegen in den Museen vor Ort für ihre tolle Vorbereitung und Gastfreundschaft!“
INFOBOX
Die Deutschsprachige Arbeitsgemeinschaft Kirchlicher Museen und Schatzkammern besteht seit 1958. Zu ihren Gründungsmitgliedern gehörte Aachens Prälat Erich Stephany.
Dr. Herta Lepie, Leiterin der Aachener Domschatzkammer von 1979 bis 1986, war lange Jahre Schriftführerin, Dr. Birgitta Falk mehrere Jahre lang Vorsitzende. Die AG ist ein Zusammenschluss von Museumsfachleuten, die die Interessen von derzeit 78 kirchlichen Museen und Schatzkammern im deutschsprachigen Raum vertreten.
Kirchliche Museen sammeln, bewahren, erforschen, erschließen, restaurieren, präsentieren und publizieren insbesondere Zeugnisse christlicher Kunst und Liturgie. Sie stehen im Dienst der Verkündigung, der Wissenschaft, der Bildung und der Information. Insbesondere bemühen sie sich um die Vermittlung zwischen Theologie und Kunstgeschichte, Katechetik und Museumsdidaktik, Kirche und anderen kulturellen Einrichtungen.